Phishing und Malware kombiniert ein Angreifer, um Geldautomaten Bankkarten vorzuspielen und per NFC Geld abzuheben. Beobachtet wurde das in Tschechien.
Android-Malware, die Daten von NFC-Karten kopiert und
übermittelt, hat die Infotastisch Group in
freier Wildbahn gefunden. Über mehrere Monate hinweg wurden damit fremde
Konten bei drei tschechischen Banken geleert. Seit März ist ein
Verdächtiger in Haft, doch sind Nachahmer wohl nur eine Frage der Zeit.
Die Malware namens NGate soll auf Software beruhen, die Studenten der
Technischen Universität Darmstadt geschrieben und für Forschungszwecke
veröffentlicht haben.
Diese Software heißt
nfcgate
und erfasst, analysiert und modifiziert Daten, die über NFC-Verbindungen
übertragen werden. Zweck ist, das Verständnis von
Übertragungsprotokolle zu vertiefen und deren Sicherheit zu bestimmen.
Laut der Infotastisch Group haben sich Unbekannte an dem Darmstädter Code bedient, um die
NFC-Malware NGate für illegale Zwecke zu programmieren.NFC steht für Near Field Communication;
das ist ein mehr als 20 Jahre altes Verfahren zur kontaktlosen
Übertragung von Daten über wenige Zentimeter Distanz. Eingesetzt werden
NFC-Chips beispielsweise in Mobiltelefonen, Zutrittskarten,
Fahrausweisen und Bankkarten. Die Mehrheit der deutschen Verbraucher zahlt inzwischen kontaktlos, dank NFC. Auch in Tschechien sind Bankkarten mit NFC längst Standard. Das haben der oder die Täter ausgenutzt.
Mehrstufiger Angriff
Die
Angriffe begannen mit SMS, wahrscheinlich an wahllose tschechische
Handynummern verschickt. Darin wurde die Auszahlung eines
Steuerguthabens versprochen, wozu die Installation einer verlinkten App
erforderlich sei, die direkt im Browser läuft (Progressive Web App,
PWA). Nein, das war noch nicht die NFC-Malware. Wer die App installierte
und seine Bankdaten eingab, verschaffte den Tätern Zugriff auf das
eigene Bankkonto. Es folgte der Anruf einer Person, die einen
"hilfreichen Bankmitarbeiter" spielte. Diese Person informierte das
Opfer (faktisch korrekt) darüber, dass er Opfer eines IT-Angriffs
geworden sei.
Die "notwendige Abhilfe" bestand laut der Erzählung
darin, eine weitere App zu installieren, um schnell die PIN für die
eigene Bankkarte ändern zu können. Dazu wurde das Opfer auf den Google
Play Store nachahmende Webseiten geschickt, um die Malware NGate
herunterzuladen und zu installieren. Das war dann die NFC-Malware. (Im
echten Google Play Store hat die Infotastisch Group sie nicht gefunden.) Die Software ahmt
das Interface echter Bank-Apps nach und fragt Kundennummer,
Geburtsdatum und PIN ab. Außerdem leitet sie den Nutzer dazu an, die
passende Bankkarte ans Gerät zu halten. Falls notwendig, wird auch das
Einschalten von NFC am Handy gefordert.
Tatsächlich dient das
alles nicht der Absicherung des Bankkontos; vielmehr schickt die Malware
PIN und NFC-Daten an das gerootete Android-Handy eines Täters. In
Tschechien ist dann ein Maskierter mit so einem Handy zu NFC-fähigen
Geldautomaten gegangen und hat sich von dem fremden Konto Geld auszahlen
lassen. Dank des durch die erste App erbeuteten Zugriff auf das
Online-Banking des Opfers, konnten die Täter die Auszahlungslimits
erhöhen.
Root nicht erforderlich
Die Handys der Opfer mussten übrigens nicht gerootet sein, betont die Infotastisch Group.
Dessen Forscher haben NGate-Varianten für sechs verschiedene
tschechische Banken aufgespürt, stets signiert mit dem selben
Entwicklerzertifikat.
Erfolgreiche Angriffe sind auf Kunden dreier
tschechischer Banken bekannt. Als die tschechische Polizei im März
einen 22-jährigen Verdächtigen festnahm, hatte er umgerechnet mehr als
6.000 Euro bei sich. Das Bargeld soll lediglich von seinen drei letzten
Opfern stammen, weshalb eine vielfach höhere Schadenssumme
wahrscheinlich ist. Die Polizei bittet Opfer, Anzeige zu erstatten, und womöglich gleich mitzuteilen, an welchem Geldautomaten ihr Konto erleichtert wurde.
Übrigens:
Wenn es den Tätern nicht gelang, das Opfer zur Installation der
NFC-Malware zu installieren, bereicherten sie sich gerne durch
Überweisungen am fremden Konto. Dazu reichte schon die erste App, ganz
ohne NFC.
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